Heute erscheint mein Buch. Es heißt DEMOCRACY DOWN – aber eigentlich hätte es auch anders heißen können: „Was passiert, wenn niemand mehr widerspricht.“ Oder: „Die Demokratie stirbt nicht an Gewalt – sondern an der Struktur ihrer Sichtbarkeit.“ Oder einfach: „Jetzt.“
Denn darum geht es. Nicht um ferne Zukunft. Nicht um eine Dystopie in Schwarzweiß. Sondern um eine Gegenwart, die sich gerade leise uminterpretiert. Eine Gegenwart, in der das Sagbare bestehen bleibt – aber das Sichtbare schwindet. In der niemand verbietet, was gesagt werden darf – aber Systeme darüber entscheiden, ob es gesehen wird, ob es geteilt wird, ob es ankommt. Und in der damit das Fundament unserer politischen Öffentlichkeit verrückt wird: nicht durch Zensur, sondern durch Struktur.
Die Demokratie der Oberfläche
DEMOCRACY DOWN spielt im Washington des Jahres 2027. Die Demokratie funktioniert – auf dem Papier. Die Wahlen laufen, die Presse ist frei, die Redefreiheit formal garantiert. Und doch ist alles anders. Denn was zählt, ist nicht mehr das Wort, sondern seine Resonanz. Nicht mehr das Argument, sondern sein Anschlusswert. Nicht mehr die Wahrheit, sondern ihre Sichtbarkeit. Ein sogenannter Wahrheitsindex klassifiziert jede öffentliche Aussage. Er misst, bewertet, sortiert – nach emotionaler Wirkung, nach politischer Anschlussfähigkeit, nach Risiko. Was keinen Wert erzeugt, wird nicht gelöscht. Es verschwindet einfach. Im System. In der Oberfläche.
Wir haben den Ereignishorizont dieses neuen Systems überschritten. Wir sind noch nicht ganz darin angekommen – aber wir sind bereits über die Klippe gegangen.
Douglas Rushkoff
Ich habe dieses Buch nicht geschrieben, weil ich eine dystopische Vision zeigen wollte. Ich habe es geschrieben, weil ich glaube, dass wir an einem Punkt stehen, an dem demokratische Prinzipien beginnen, sich selbst aus der Hand zu geben – nicht aus Absicht, sondern aus Bequemlichkeit. Aus Automatisierung. Aus dem Willen zur Optimierung. Es geht nicht um die Rückkehr der Zensur, sondern um die Macht der Sortierung. Es geht nicht um Diktatur, sondern um den stillen Rückzug demokratischer Öffentlichkeit hinter technische Systeme. Wer entscheidet, was sichtbar ist, entscheidet, was wahrgenommen wird. Und was nicht wahrgenommen wird, existiert – politisch betrachtet – nicht mehr.
Wir leben in einer Zeit, in der Öffentlichkeit keine Debatte mehr ist, sondern eine Fläche. Eine Bühne, auf der alles gleichzeitig gesagt werden darf – aber nicht alles gleichzeitig wirkt. Der Unterschied zwischen Erlaubtem und Erreichtem wird zur politischen Achse. Die Reichweite ersetzt die Relevanz. Und was keine Klicks erzeugt, verliert seinen Platz in der Wahrnehmung. Das ist kein Medienwandel – das ist eine Machtverschiebung.
Ein Roman als Warnsystem
DEMOCRACY DOWN ist ein Roman über genau diesen Prozess: darüber, wie Sprache entkernt wird, wie demokratische Verfahren formal bleiben, aber inhaltlich ausgehöhlt werden, wie Plattformlogiken zu politischen Akteuren werden, ohne jemals gewählt worden zu sein. Es geht um die Frage, ob Algorithmen bereits mehr Einfluss auf unser kollektives Denken haben als Parlamente. Und es geht um die Gefahr, dass sich faschistische Muster nicht mehr im Gleichschritt, sondern im Fluss der Benutzeroberfläche zeigen. Entsprechend gleitend. Entsprechend unsichtbar.
Eine Dystopie wie ein Gaslighting der Sonderklasse.
Der Text selbst wird zum Objekt sprachlicher Unterdrückung.
Dr. Pablo Hagemeyer
Ich glaube nicht, dass Romane die Welt verändern können. Aber ich glaube, dass sie fühlbar machen können, was wir im politischen Diskurs oft nur abstrakt verhandeln. Deshalb habe ich DEMOCRACY DOWN nicht als Analyse, sondern als Erzählung geschrieben. Eine Geschichte, die den Leser nicht belehren, sondern beunruhigen soll. Nicht durch große Gesten, sondern durch stille Verschiebung. Ich wünsche mir nicht, dass dieses Buch gefällt. Ich wünsche mir, dass es stört.
Denn Demokratie lebt nicht davon, dass wir alles sagen dürfen. Sondern davon, dass das, was wir sagen, überhaupt noch ankommt. Dass es Raum gibt für Zweifel. Für Widerspruch. Für Komplexität. Wenn dieser Raum durch technische Systeme ersetzt wird, bleibt das System bestehen – aber das Politische verschwindet. Und mit ihm das Gemeinsame.
DEMOCRACY DOWN ist ab heute im Handel erhältlich. Es ist kein Aufruf zur Revolte. Es ist ein Appell zur Aufmerksamkeit. Zur Haltung. Zur Sprache.
Denn was, wenn wir alles sagen dürfen – aber niemand mehr zuhört?
Ab sofort im Handel erhältlich - unter anderem bei Amazon: